„Still sane Exile?“ Eine Frage, mit der ich aktuell einen gewissen Teil der Path of Exile Community gerne Konfrontieren würde. Denn Debattenkultur scheint bei einigen der Polemik gewichen zu sein. Aber Eins nach dem Anderen, fangen wir von vorne an.

Ups, das war vielleicht ein wenig zu weit zum Anfang. Ganz in die Early Access Phase von Path of Exile müssen wir nicht zurück. Oder vielleicht doch?
Aktuell gibt es hitzige Diskussionen in der PoE Community. Die einen feiern das neue PoE 2, die anderen verteufeln es und wollen wieder mehr Content für den ersten Teil. Es scheint die Spielerschaft sei gespalten.
Doch wie sieht es denn aktuell tatsächlich aus?
Path of Exile 2 ging am 6. Dezember 2024 mit seinem Early Access an den Start. Fünf Jahre feilte das Entwicklerstudio Grinding Gear Games (kurz GGG) an dem Nachfolger ihres Meisterwerks. Die Erwartungen waren hoch. Path of Exile war dafür bekannt für die Hardcore Spieler unter den ARPG Liebhabern zu sein. Schuld daran ist vor allem die enorme Komplexität. So kann man einen Spieler mit gut 100 Stunden Spielzeit getrost als Anfänger in PoE bezeichnen. Es gibt zahllose Videos von den Reaktionen der Spieler, die sich zum ersten mal in die Welt von Wreaclast wagen. Am Strand werden ein paar Zombies und Krabben besiegt, das erste Level Up ploppt auf, man klickt auf den Skillpunk-Button und – kann nicht fassen, was man da vor sich hat.

Wer ARPGs wie Diablo und Co. gewohnt war, wird allein in diesem Moment schon überrumpelt. Eines der Beispiele warum PoE Spieler Diablo-Spieler oft als „Casual“ abstempeln. Doch ein paar Stunden später im Spiel merkt man schnell, dass der Skilltree eines der kleinsten Komplexitäten in Path of Exile darstellt. Die Masse an verschiedenem Content, Wissen von wo man was herbekommt, nutzen der zahllosen Mechaniken – dies alles macht Path of Exile zu einer wahren Doktorarbeit. Vom Crafting möchte ich gar nicht erst anfangen. Bei Einigen trifft dieses Erlebnis des Einarbeitens genau den richtigen Nerv, den sie bei den meisten anderen Spielen vergeblich suchen werden. Gleichzeitig schreckt die Vorstellung ab, ohne ein Studium das Spiel überhaupt anständig spielen zu können. Nicht umsonst haben freiwillige Programmierer ein eigenes Tool namens Path of Building entwickelt. In diesem kann man vorab seinen Charakter planen, um sich ein Bild davon zu machen, ob dieser überhaupt spielbar sein wird. Ebendiese Erfahrung habe ich auch in meinem Freundeskreis gemacht.
Path of Exile 2 ist nun die Chance von GGG, den Einstieg zu erleichtern und das Spiel für die breite Masse zugänglicher zu machen. Zugleich müssen sie aufpassen, die alte Spielerschaft nicht zu verschrecken. Heißt PoE2 muss komplex bleiben und zugleich zugänglicher. Keine leichte Aufgabe, denn das ist ein sehr schmaler Weg mit Abgründen auf beiden Seiten.
Nun ein paar Monate nach dem Beta Start von Path of Exile 2 konnte ich so manche Stunde im Spiel verbringen. Natürlich kann ich an der Stelle nur von mir selbst ganz subjektiv sprechen. Doch aus meiner Sicht scheint GGG auf dem besten Weg diesen Spagat umzusetzen. Der Skilltree hat nichts an Größe eingebüßt und wenn auch viel Umgewöhnung stattfinden musste, ist dieser eindeutig einfacher zu verstehen. Die Änderungen an den Skillgems sind Sinnvoll, viele unnötige Mechaniken wurden entfernt oder reduziert. Die neue WASD Bewegungssteuerung fühlt sich verdammt gut an und man hat trotzdem die Option sich nach alter Point and Click Manier durch die Welt zu bewegen. Bossmechaniken und Inszenierung machen richtig Spaß. Die Grafik und Animationen setzen ganz eindeutig einen neuen Standard in der ARPG Welt. Allein die wiederkehrenden Spielerzahlen auf Steam zeigen: Das Spiel kommt richtig gut an. Nur langsam werden es weniger, aber stürzen nicht ab, wie so manch andere Spiele kurz nach Erscheinen. Und mit dem Release des nächsten großen Patches, werden die Zahlen sicher wieder einen Sprung nach oben machen. Was ist es also, weshalb sich die Community so spaltet?

Nun dieses Loblied ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Bei PoE2 gibt es noch jede Menge zu tun. Skills sind nicht balanced. Dem Endgame fehlt es an Tiefgang. Energieschild als Verteidigung ist weit besser als alles andere. Das Crafting ist praktisch kaum vorhanden und eine alte Krankheit die schon in PoE 1 existierte infizierte auch PoE 2. Nahkampf ist nach wie vor die schlechtere Option im Gegensatz zu Fernkampf oder Zauberei. Die eingeschränkteren Möglichkeiten seine Verteidigung zu verbessern, machen dies nicht besser. Nur um mal einige Punkte zu nennen. Einen der größten Punkte für viele PoE1 Spieler wird jedoch sein, dass durch unterschätzten Arbeitsaufwand an PoE2, Grinding Gear Games die Entwickler von PoE1 abgezogen haben, um PoE 2 rechtzeitig zum Betastart in einen vorzeigbaren Zustand zu bringen. Doch auch nach Release gab es so viele Baustellen, dass nicht viel Zeit für ihr Erstlingswerk blieb. Fans des ersten Teils wurden somit vertröstet und die neue League immer weiter nach hinten verschoben.
Inzwischen ist mit „Legacy of Phrecia“ so etwas wie eine 1.5 Version der aktuellen League „Settlers of Kalguur“ mit einigen Neuerungen erschienen. Der größte Unterschied: Alle Ascendancy Klassen sind neu und ermöglichen damit zahllose neue Builds. Ich selbst experimentiere aktuell mit einem Molten Strike Blind Prophet.

Ein aus meiner Sicht toller Schachzug von GGG. Auch hier konnte ich schon ein wenig reinspielen und hatte auch an PoE1 wieder viel Spaß. Nach dem Spielen des zweiten Teils, vermisse ich vor allem die WSAD Steuerung, die noch nicht in PoE1 Einzug gehalten hat.
Gerade der Kontrast nach einiger Zeit in PoE2 wieder zum ersten Teil zurück zu kehren, zeigt mir, dass PoE2 nicht nur ein Grafikupdate von PoE1 ist. Die Vision hinter dem neuen Spiel ist eine andere, obwohl sie in vielen Dingen ihrer Herkunft treu bleiben. So spielt es sich doch ganz anders. Entschleunigt und taktischer. Auch wenn im Endgame das Tempo durchaus zunimmt, erreicht es (noch) nicht die teils absurden Geschwindigkeiten wie das große Vorbild. Das ist weder gut noch schlecht, sondern einfach anders. Gerade bei den Bossfights hat GGG mächtig zugelegt. Was sich schon an den zuletzt hinzugefügten Kämpfen aus dem ersten Teil erahnen lassen konnte. Im Allgemeinen gefällt mir die Vision, die das Entwicklerstudio anstrebt. Im falle von Path of Exile 2 unter neuer Führung. Der langjährige Kopf von GGG, Chris Wilson war selten bei den Updates zum neuen Spiel zu sehen und aus verschiedenen Quellen heißt es, er habe sein Studio verlassen. Eine offizielle Stellungname gibt es bisweilen nicht.
Doch die Gerüchte brodeln. Die Community ist angeheizt und dieser Umstand goss weiter Öl ins Feuer. Dieses ganze hin und her von Meinungen, Gerüchten, Falschinformationen und Unzufriedenheit führt in den Foren zu teils Absurd extremen Aussagen und kann man in vielen Fällen auch schon nicht mehr als Diskussion bezeichnen. Gefühlt ein Spiegel unserer heutigen Gesellschaft in einem Mikrokosmos. Auch wenn es mir bewusst ist, dass es die lauten fünf Prozent sind, die man am häufigsten liest, bin ich enttäuscht, wie Kommunikation im heutigen Jahrzehnt abläuft. Nun versteht mich bitte nicht falsch, konstruktive Kritik ist richtig und wichtig. Wie heißt es so schön: Wenn dich etwas nervt, hast du kein recht Sauer darüber zu sein, wenn du es nicht ansprichst. Natürlich funktioniert das so nicht immer. Jedoch kann Grinding Gear Games nur durch Feedback ihre Spiele weiter ausbauen. Sowie jeder andere Entwickler. Die Art und Weise, wie diese vermeidliche Kritik ausgedrückt wird, ist in einem traurigen Zustand. Übertreibung und Extremaussagen sind an der Tagesordnung.
Von „XY wurde geändert? Damit ist das Spiel unspielbar, die haben doch keine Ahnung oder wollen ihr Spiel absichtlich schlechter machen.“
Bis zu haltlosen Aussagen wie „Grafik ist bestenfalls mittelmäßig“, „Story wurde von KI geschrieben“, „Handeln führt dazu, dass dein Account gehackt wird“.
Dies sind nur ein paar Beispiele – Beispiele kraftloser Kritik oder Falschaussagen. Einfache Aussagen, die ohne Angaben woher diese Meinung kommt und ohne Lösungsvorschläge niemanden helfen werden. Die Debattenkultur erreicht hier einen Tiefpunkt, da ein Diskurs meist nicht möglich ist. Selbst wenn andere Spieler darauf eingehen und den Versuch starten, eine sachliche Grundlage zu schaffen, wird dieser mit Sätzen wie „Du hast keine Ahnung“ oder „Hör auf mit deinen Ausreden“ einfach ignoriert. Das größte Unverständnis hierbei habe ich allerdings bei jenen, die behaupten PoE2 wäre schlecht weil es weniger Content als PoE1 hat und lauter Bugs. Man möchte meinen, dass die Bezeichnung „Early Access“ in heutiger Zeit nichts mehr neues ist. Ein Spiel mit Jahren an Entwicklungszeit mit einem unfertigen Spiel zu vergleichen, was die Menge des Inhalts angeht, bedarf schon einer besonderen Denkweise.
Fazit bleibt leider, viele Spieler sind noch unzufrieden. Teils zurecht. Doch die Menge an konstruktiven Kritiken nimmt langsam wieder zu und GGG arbeitet weiter an beider ihrer Spiele. Einen genaueren Bericht über Path of Exile 2 selbst, werde ich mir für den tatsächlichen 1.0 Release aufheben. Bis dahin kann ich nur sagen: Habt Spaß an den Spielen die euch Spaß machen und lasst euch diesen nicht vermiesen! Und im Zweifelsfall – macht eine Pause mit dem Sozialmedia.
„Stay sane Exile!“